20 Şubat 2015 Cuma

Die Beziehung Zwischen dem „Das Parfüm” und dem Christentum - Aydan Şimşek


In dem Roman von Patrick Süskind „Das Parfüm“ verwendet der Autor sämtliche religiöse Elemente aus dem Christentum. Süskinds Absicht besteht darin, sich mit dem Christentum auseinanderzusetzen und diese Religion zu hinterfragen.


Genauso wie alle Religionen, beansprucht das Christentum die absolute Wahrheit für sich selbst. Also setzt auch die Bibel eine absolute Wahrheit voraus. Nach dem Glauben des Christentums, kann eine Gesellschaft nur durch das Verfolgen der Bibel, die absolute Wahrheit erlangen und ins Paradies gelangen. Somit ist die absolute Wahrheit durch  Gott, Jesus Christus und die Bibel erreichbar. Genau Über diese absolute Wahrheit, die die Religionen für sich beanspruchen macht sich Süskind in seinem Roman das Parfüm lustig darüber.  Denn nach seiner Sicht, kann es so etwas wie eine absolute und objektive Wahrheit nicht geben und daher muss die biblische Wahrheit dekonstruiert werden. Deshalb geht er vor und dekonstruiert sämtliche biblische Wahrheiten.  Er fängt mit der Dekonstruktion an, in dem er seinen Protagonisten als Jean Baptiste bezeichnet. Er gibt ihm den Vornamen des Johannes des Täufers, der in der Bibel vorkommt. Im Gegensatz zu Grenouille hatte Johannes der Täufer ein sehr heiliges Leben. Im Alten Testament ist er der letzte Prophet, und im Neuen Testament gilt er als Vorläufer von Jesus Christus. Johannes predigte in der Wüste und bewegte die Menschen zur Buße und Umkehr. Bekleidet in Kamelhaar und einem ledernen Gürtel, lebte er von Heuschrecken und wildem Honig[1]. Auch Christus ließ sich von ihm taufen. Süskind erzeugt durch diesen Vornamen genau das Gegenteil des Täufers. Er parodiert über den Johannes des Täufers, der in der Bibel vorkommt, welches eine übertreibende, verspottende Nachahmung eines bereits bestehenden Werkes, ist also hier die Bibel. Süskind verändert den Inhalt so, dass er nicht mehr zur Form passt. Grenouille hat einige Gemeinsamkeiten mit Johannes dem Täufer, er geht auch in die Wüste, ernährt sich von Heuschrecken und auch er  möchte Engelgleich erscheinen. Doch was den Grenouille hier vom Johannes unterscheidet ist, dass Johannes das Kommen von dem Messias angekündigt hat und Grenouille sich als den kommenden Gott angekündigt hat. Er hat den Menschen geholfen und Grenouille hat die Menschen umgebracht. Süskind strukturiert das Bild des Johannes des Täufers um, damit er eine neue Bedeutung  erzeugen kann. Das dient auch dazu, dass wir unsere eigene Meinung die auf unsere Gefühle und Imagination basieren konstruieren können.

Eine weitere Dekonstruktion des Christentums bezieht sich auf Jesus Christus. Grenouille besitzt wie Jesus keinen Vater, doch Jesus wurde durch Gott an die Jungfrau Maria gegeben und hier ironischer weise, weiß die Mutter Grenouilles nicht, wer der Vater ist , da sie eine Prostituierte ist.  Süskind, stellt den Grenouille als eine Art „Jesus“ dar, indem er ihn mit Fähigkeiten ausstattet, eine Art göttliche Gabe; mit einem Geruchssinn, über den kein Wesen verfügen kann. So bezeichnet Süskind Grenouille als „Wunderkind“ (Das Parfüm,1985 Seite 33,95) sowie Jesus Christus heutzutage auch als ein Wunderkind angesehen wird, durch seine göttlichen Gaben. „Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seine Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst“(Jesaja 9, 5+6).

Süskind verwendet von Anfang bis Ende immer wieder Elemente des Christentums und erzeugt dadurch die fiktive Welt seines Romans. Diese christlichen Elemente und Rituale, werden komplett umgestellt und das ist die Absicht, den Leser zu verwirren, damit er seine eigene Wahrheit in Frage stellen kann beziehungsweise soll. Durch das hin und her Spiel von Gut und Böse, von Gott und Teufel erscheint Grenouille eher als ein Anti-Christ.

Die für das Christentum wichtige Rolle spielende Elemente werden in ,,das Parfüm“ verwendet um sich darüber lustig zu machen und darüber hinaus die bereits bekannten und in der Gesellschaft anerkannten Werte aus einer ganz anderen Perspektive zu betrachten.  So verwendet Süskind neben den christlichen Düften wie Weihrauch, Myrrhe und Aloe, die eine heilende Wirkung im Christentum besitzen auch ein christliches Symbol des Fisches, das von Anfang an erwähnt wird. Grenouille wird in einer Fischbude  geboren. Er kommt als lebendiges Wesen auf die Welt und aber befindet sich zwischen toten Fischen. Sein erstes Wort, das er ausspricht ist „Fische“, (Das Parfüm Seite 29), das er in einem Moment plötzlicher Erregung ausspricht. Erstaunlicher Weiße ist der Fisch auch ein Symbol des Christentums, das für ein Zeichen der verfolgten Christen steht. Es ist eines der ältesten Symbole für Jesus Christus und ein geheimes Erkennungszeichen der ersten Christen. Aus Angst vor Verfolgung zeigten sie mit diesem Zeichen: Wir gehören zu Jesus Christus. Auf Griechisch heißt Fisch „ICHTHYS“. Die einzelnen Buchstaben dieses Wortes können jeweils den Anfang eines neuen Wortes bilden. Zusammen entsteht daraus ein kurzes Glaubensbekenntnis: IESOUS CHRISTOS THEOU YIOS SOTER = Jesus Christus, Gottes Sohn, Erlöser. Demnach sind Christen Menschen, die wie Fische im Wasser schwimmen. So steht der FISCH zur Ausbreitung des Evangeliums.[2]  Für Grenouille bietet der Fisch auch eine Sicherheit, genau wie es den Christen eine Sicherheit gegeben hat. Denn das erste womit Grenouille in Verbindung tritt, nach dem er auf die Welt kommt ist nicht die warme Brust der Mutter, sondern der Geruch von toten Fischen.

Süskind verwendet die größte Ironie und Parodie gegenüber der Schöpfungsgeschichte. die im Genesis erwähnt wird. Er macht sich lustig über die biblische Wahrheit der Schöpfung Gottes und lässt Grenouille anhand von seiner Imagination und seinem Erinnerungsvermögen seiner Düfte die Welt neu erschaffen, und versetzt ihn in die Position des Gottes. Doch während es die Sintflut ist, die die Welt unter Wasser gelegt hat ist es bei Grenouille nur destilliertes Wasser, welches die größte Ironie darstellt. Hier sehen wir anhand von dem Vergleich der Bibel und des Parfüms die Sprachwahl von Süskind, das der Bibel sehr ähnelt. Genesis: ,,Dann sprach Gott: das Wasser unterhalb des Himmels sammle sich an einem Ort, damit das trockene sichtbar werde…Dann sprach Gott: Das Land lasse junges Grün wachsen, alle Arten von Pflanzen, die Samen tragen und von Bäumen, die auf der Erde Früchte bringen mit ihrem Samen darin (Das Buch Genesis“(1.Mose 1,9+ 1,11)). Und im Vergleich in das Parfum: „ Da gebot der Große Grenouille Einhalt dem Regen. Und er schickte die milde Sonne seines Lächelns über das Land, worauf sich mit einem Schlag die millionenfache Pracht der Blüten erschloss, von einem Ende des Reichs bis zum anderen, zu einem einzigen bunten Teppich“ (Das Parfüm Seite 154).

Und wiederrum ein weiteres vergleichbares Beispiel, dass ziemlich der Wortwahl in ,,das Parfüm“ ähnelt „Und es geschah also. Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte; und siehe! es war sehr gut. Da ward aus Abend und Morgen der sechste Tag. […] Am siebten Tag vollendete Gott das Werk, das er geschaffen hatte, und ruhte am siebten Tag, nachdem er sein ganzes Werk vollbracht hatte. Und Gott segnete den siebten Tag und erklärte ihn für heilig; denn an ihm ruhte Gott, nachdem er das ganze Werk der Schöpfung vollendet hatte“  (Genesis 2:2,3.) Und im Vergleich in das Parfüm: ,,Und es geschah. Und der Große Grenouille sah, dass es gut war, sehr, sehr gut. Und er blies den Wind seines Odems über das Land “ (Das Parfüm Seite 154). „Der Große Grenouille aber war etwas müde geworden und gähnte und sprach: „Siehe, ich habe ein großes Werk getan, und es gefällt mir sehr gut“( Das Parfüm Seite 154). Süskind verwendet hier nicht nur Ironie, indem er einen Menschen wie Grenouille mit Gott gleichstellt und durch destilliertes Wasser die Welt erschaffen lässt, seine Absicht besteht darin durch die Verwendung der christlichen Schöpfungsgeschichte, der Welt eine neue Bedeutung zu zuordnen. In der Postmoderne gibt es nicht nur eine einzige Wahrheit, eine einzige Religion oder eine einzige Ideologie.
Ein weiteres christliches Element, das auch im Genesis vorkommt ist der Verstoß von Adam und Eva gegen Gottes Verbot vom Baum der Erkenntnis von Gut und Schlecht im Garten von Eden zu essen, als Strafe wurden sie aus dem Paradies verbannt und auf die Erde geschickt, welches heute ebenfalls als „Sündenfall“ bezeichnet wird. Der Fall vom Paradies auf die Erde. „Der Zeck Grenouille, vor die Wahl gestellt in sich selbst zu vertrocknen oder sich fallen zulassen, entschied sich für das Zweite, wohl wissend, dass dieser FALL sein letzter sein würde“(Das Parfüm Seite 232). Grenouille, weiß das der Duft des Mädchens ihn vernichten wird, doch auch er kann so wie Adam und Eva nicht widerstehen und entscheidet sich für die verbotene Frucht und weiß, dass dies sein letzter Fall sein wird.
Des Weiteren verwendet Süskind biblische Elemente, um sich sowohl mit dem Christentum auseinanderzusetzen aber auch um eine Intertextualität herzustellen, welches für den postmodernen Autor von großer Bedeutung ist. Demnach geht er wie folgt vor und stellt in seinem Roman „das Parfüm'' intertextuelle Bezüge zu der Bibelgeschichte von Barabbas her. Die Bibel erzählt davon, dass Jesus Christus verhaftet wird und es dem Volk überlassen wird einen freizusprechern. Als aber das Volk vor die Entscheidung gestellt wird, entscheiden sie sich für den Mörder Barabbas anstelle von Jesus Christus. ,,Da schrie der ganze Haufe und sprach: Hinweg mit diesem und gib uns Barabbas los! Wir wollen Barabbas!” (Lukas 23:18,19,25). Ebenso können wir in Süskinds Roman eine Parallelität erkennen, denn als Grenouille geschnappt wird un dem Volke präsentiert wird, ,,erscholl es in einem einzigen donnernden Wut-und Racheschrei: „Wir wollen ihn haben! “(Das Parfüm Seite 275).
Auch verwendet Süskind Ähnlichkeiten zwischen der Kreuzigung Jesu und das Urteil über Grenouilles Tod. Das Jesus und auch Grenouille an einem Kreuz vor dem Volke gekreuzigt werden sollen, ähneln sich sehr. Doch im Gegensatz zu Jesus, schafft es Grenouille der Folter zu entgehen, mit seinem selbst erzeugten Engelparfum und entgeht seinem Tod. Er scheint mächtiger als der Allmächtige Gott zu sein. Er wird durch seinen Parfum so sehr geliebt, dass die Menschen ihn mit einem Engel identifizieren. Zum Ende hin, wird Grenouille wieder mit Jesus in Verbindung gebracht. Jesus sitzt am Vorabend seines Kreuztodes mit seinen 12 Jüngern und meint: „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ (Matthäus 26:26). Und während sie aßen, nahm Jesus das Brot und dankte und brach es und gab es ihnen und sprach: Nehmet, esset das ist mein Leib. Und er nahm den Kelch und dankte und gab ihnen den; und sie tranken alle daran. Und er sprach zu ihnen: Das ist mein Blut des neues Bundes, das für viele vergossen wird (Mt. 26:26). Diese Aussage von Jesus Christus am letzten Abendmahl, welches metaphorisch ist, wird von Grenouille tatsächlich vollzogen, wie als würde er sagen: „Nehmet, esset das ist mein Leib“. Denn Patrick Süskind führt es wie folgt auf: „Und dann brach mit einem Schlag die letzte Hemmung in ihnen…Sie stürzten sich auf den Engel...rissen ihn zu Boden…Sie zerrupften ihn, sie schlugen ihre Kralen und Zähne in sein Fleisch und fraß es auf (Das Parfüm S.319). Hier spielt Grenouille Jesus nach und opfert im eucharistischen Mahl der Gemeinde sich selbst. Der Körper Grenouilles wird hier einverleibt, die Menschen auf dem Friedhof nehmen seinen Leib in sich auf wie es heute Christen symbolisch mit Christus tun.[3]

Schließlich weist das Parfüm noch eine weitere Ähnlichkeit mit der Bibel auf und zwar mit der Grablegung Jesu. Denn nachdem Jesu gekreuzigt worden ist und nachher im Grab liegt, bereiteten die ihm aus Galiläa nachgefolgten Frauen „wohlriechende Öle und Balsamöle“ (LK 23,56) zwecks Einbalsamierung seines Leichnams am Tag nach dem Sabbat. Und in einer anderen Überlieferung kam Nikodemus zur Einbalsamierung des Leichnams Jesu und brachte eine Mischung aus Myrrhe und Aloe“ mit (Jo 19,39). Genau besprüht sich Grenouille vor seinem Tod, mit dem selbsterzeugten Duft der 25 Mädchen, welches ebenfalls durch das Einölen und Einbalsamieren der Mädchen erzeugt worden ist. Doch ironischerweise ist Jesus für die Liebe gestorben und die Menschen die Grenouille aufgegessen haben „waren außerordentlich stolz, denn sie hatten zum ersten Mal etwas aus Liebe getan“ (Das Parfüm Seite 305).


[1]    http://www.kathpedia.com/index.php?title=Johannes_der_T%C3%A4ufer
[2]    http://christliche-symbole.de/8.html
[3]    "Das Parfum" und das Böse: Patrick S skinds Protagonist Jean Baptiste Grenouille von Martina Jansen ( Seite 47)